Historische Spuren in der Normandie

Wir sind mittlerweile in der Bretagne angekommen, aber nun der Reihe nach. Nach unserem Stop am Wentowsee ging es weiter nach Berlin, Freunde zu besuchen. Lustige Tage liegen hinter uns, wir haben es wieder extrem genossen, viel gelacht und gefeiert. Schon im April hatten wir einen kleinen Stop in Berlin eingelegt. Allerdings auf der Fahrt nach Rheine wollte Robbie auf der A2 kurz hinter Hannover plötzlich eine Pause. Ihre rote Motorleuchte war angegangen und sie fuhr nur noch 60. Also runter von der Autobahn und zur nächsten Tankstelle. Ich vermutete einen Riss an einem der Turboschläuche, aber wir konnten bei einem Blick in den Motor nichts ungewöhnliches feststellen. Mit Glück im Unglück konnte ich über eine App einen Land Rover Händler in der Nähe finden. Als wir dort vorstellig wurden, sagte man uns nach dem Auslesen der Fehlercodes, dass man den defekten Ladeluftsensor erst bestellen müßte und der Versand ca. 2 Wochen dauern würde. Peter und ich guckten uns an und wußten gleich, dass sie eigentlich gar keinen Bock auf Robbie hatten und uns mit dieser Aussage mehr oder weniger vom Hof haben wollten. Vermutlich waren sie auch noch vom Geruch unserer Essensreste irritiert, die ich übergangsweise bis zum Verzehr im Handschuhfach abgelegt hatte. Es handelte sich hierbei um leckere Reh-Buletten, die wir von Andreas bekommen hatten und um die Pizzareste vom Vorabend in Alufolie verpackt. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und biss in die Pizza als wir von Hof fuhren. Wir hatten mittlerweile mit der Landy-Scheune telefoniert. Nach einer Stunde Fahrt wurden wir also dort vorstellig und der Mechaniker hatte das Ersatzteil da. Zwei kleine Handgriffe und es ging weiter. Leider hatten wir nur wenig Freude und Erleichterung, da die Motorleichte nach 2 km gleich wieder anging. Einen Versuch war es zumindest wert gewesen und somit ließen wir Robbie zur Reparatur in der Landy-Scheune. Wir sattelten um auf unsere Klappfahrräder und fuhren mit dem Zug nach Rheine. Reisende müssen hallt flexibel sein, wir lachen und schüttelten den Kopf. War Robbie in Russland und auf der Skandinavienrunde ohne Zicken brav gefahren, meinte sie nun in Deutschland Schwächen zeigen zu müssen. Alles halb so wild, aber es stellte sich heraus, dass auch der Ladeluftkühler geplatzt war. Nach ein paar Tagen konnten wir unsere Reisegefährtin wieder abholen. Ca. 1,5 Wochen hatten in Rheine verbracht, konnten hier noch ein paar Dinge erledigen, wollten aber auch etwas Zeit für Familie und Freunde haben. Von Anfang an hatten Peter und ich uns darauf verständig in regelmäßigen Abständen uns Zuhause sehen zu lassen und nun lag Deutschland auf unserer Route. Auf der Weiterreise schauten wir noch in Bonn bei Freunden vorbei und machten uns danach auf in Richtung Belgien. Das Wetter war ausgezeichnet und wir ließen uns treiben. Wir tingelten durch kleine belgische Dörfer und schlängelten uns mit Robbie durch kurvige Straßen. Es war wenig los und ich mußte feststellen, dass es immer französischer wurde. Gewohnte Ampeln wurden immer mehr durch Kreisverkehre ersetzt, wir waren nicht mehr weit von der Grenze entfernt. Wir durchfuhren die Ardenne, auch Ardenner Wald genannt. Hierbei handelt es sich um den Westteil des Rheinischen Schiefergebirges, ein ausgedehntes Waldgebiet, das auf belgischem, luxemburgischen und französischen Staatsgebiet liegt. Die Landschaft gefiel uns und die kurvigen Straßen erinnerten uns an Norwegen. Wir stoppten 2 x auf kleinen und schön gelegenen Campingplätzen, die wir zufällig sahen und dort für kleines Geld nächtigen konnten. In den darauffolgenden Tagen fuhren wir viel, wir wollten an die französische Küste in Richtung Normandie. Amiens und Dieppe wurden als Zwischenziel in die Navigation eingegeben. In der Normandie angekommen hangelten wir uns von Dorf zu Dorf. Eigentlich ganz schön, aber auch anstrengend, durch die vielen Kreisverkehre und Bumps zog es sich arg. Wir saßen viel im Auto und hangelten uns über Tage straff an der Atlantikküste entlang. Unser Ziel waren die historischen Strände in der Normandie. Ich erhoffte mir viel geschichtsträchtige Orte, die etwas Abwechslung in den Fahralltag brachten. Über Le Havre gelangen wir schnell an die besagten Strände des D-Days. Wir stoppten immer wieder und erkundeten die Relikte des Atlantikwalls, der im zweiten Weltkrieg von den deutschen Besatzern errichtet wurde. Auf Wikipedia lese ich, das dieser ca. 2685 Kilometer lang war, ein Wehrwall, der sich entlang der Küste des Atlantiks, des Ärmelkanals und der Nordsee erstreckte. Ich hatte meine Freunde an diesem Geschichtsausflug und sog jedes Detail auf. Teilweise spielte ich Kopfkino als wir an einigen Stränden kleinere Wanderungen unternahmen. Jetzt war es ruhig, das Meer war still und der Strand war friedlich. Ich mahlte mir aus, wie es wohl am 6. Juni 1944 ausgesehen haben muss. Ich mache mir Gedanken über die Zeit und verbrachte einige Abende Wikipedia-lesend im Dachzelt. Ich hatte mich zwar schon immer sehr gerne mit der Geschichte des zweiten Weltkrieges beschäftigt, aber mußte jetzt alles noch mal lesen, da ich nun an den historischen Orten war. Im Internet findet man sehr viel Infos und auch Berichte von Zeitzeugen, die interessant sind, aber auch nachdenklich stimmen. In Arromanches-les Bains sehen wir uns einen 20 Minütigen Film über die Landung am D-Day an. Auf neun Bildschirmen in einem 360 Grad Kinosaal werden alte Dokumentaraufnahmen der ersten 100 Tage nach der Landung der Alliierten nach dem D-Day gezeigt. Der Film ist sehr emotional gemacht und geht durchaus unter die Haut. Bilder sprechen für sich und ich muss ein paar Mal kräftig schlucken. Mir ist schon bewußt, dass dies auch das Ziel des Film ist, es soll einem halt nicht kalt lassen, was damals an Ort und Stelle passiert ist. Als wir wieder draußen stehen frage ich Peter, wie er dem Film verdaut hat. Er bestätigt und ich wische mir heimlich noch über meine Augen. Auf der Weiterfahrt kreisen meine Gedanken noch lange um die Geschichte. Den letzten Stop des Tages legen wir am Omaha Beach ein, an einem riesigen amerikanischen Soldatenfriedhof. Er ist sehr beeindruckend und würdevoll gestaltet. Wir lesen, dass hier sich die sterblichen Überreste von 9.387 gefallenden US-Soldaten befinden. Vom Friedhof aus können wir direkt auf den Omaha Strand schauen, den Küstenabschnitt, auf dem bei der Operation Overlord die meisten Soldaten gefallen sind.