Bye Bye Biketown Copenhagen, Hallo Deutschland

Nachdem wir Kopenhagen verlassen haben, hat Deutschland uns für eine kurze Zeit nun wieder. Als Transitland in den Süden, dies wollen wir nutzen, um nochmal bei Freunden und Familie zu stoppen. Per Fähre geht es bequem und zügig nach Rostock. Ursprünglich hatten wir den Plan noch eine Runde über Rügen zu drehen, aber das Wetter ist nicht auf unserer Seite und wir beschließen durch zu fahren bis zum Wentowsee, wo wir bereits 2017 mit unseren Freunden waren. Wir hatten damals entspannte und schöne Tage dort verbracht. Das Wetter verspricht Gutes und wir wollen uns wieder in die Natur zurückziehen, nachdem wir uns eine Überdosis Stadt gegeben hatten.

 

Oslo, Stockholm und Kopenhagen haben Wirkung gezeigt, wir wollen Pause. Ich lasse gerade meine Erlebnisse Revue passieren und komme zu dem Schluss, dass Kopenhagen mir am Besten gefallen hat. Die Stadt ist extrem modern und hat mich mit seinen vielen Radwegen sehr beeindruckt. Die Stadt besteht aus Moderne und Tradition. Wir hatten uns auf einem Campingplatz nahe des Zentrums einquartiert. Schon bei der Einfahrt war es uns aufgefallen, dass wir  voll und ganz in Europa angekommen waren. Der Verkehr wurde dicht und es wurde auch hektisch. Der Ballungsraum Kopenhagen mit seinen 1,3 Mio Einwohnern war nicht zu Vergleichen mit Stockholm oder gar Oslo. Oslo eher beschaulich und gemütlich, Stockholm schon deutlich unruhiger und kantiger, übertraf Kopenhagen alles. Ich hatte das Gefühl in Berlin gelandet zu sein und fühlte mich sofort wohl. Die Innenstadt, ein Mix aus Style und Vintage. Wieder am Wasser gelegen, versprüht sie wie auch die beiden anderen skandinavischen Hauptstädte ein besondres Flair als Hansestadt.

 

Wir hatten uns wieder dem üblichen touristischen Dingen hingegeben, aber kein Zwang an den Tag gelegt. Wir mochten es noch nie einem straffen Programm zu folgen. Sicherlich will man die besonderen Highlights gesehen haben, aber nur so lange und intensiv wie man Lust hat. Viel mehr macht es uns Spaß, die Menschen in der jeweiligen Stadt zu beobachten, das Flair aufzusaugen und mitten drin zu sein. Erst dann haben wir das Gefühl, dass wir auch da waren. Leider hatte uns das Wetter in Kopenhagen einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir waren früh in Richtung Deutschland aufgebrochen. Als ich dann auf der Fähre saß, erkannte ich, dass wir an dieser Stelle die Nordicrunde offiziell beendet hatten. Wir hatten auf unserem Weg seit April Länder wie Polen, Litauen, Lettland, Estland, Finnland, Russland, Norwegen, Schweden und Dänemark durchquert. Unser Schwerpunkt lag deutlich auf dem Baltikum, Russland und Norwegen. Im Vorfeld hatten wir dies so festgelegt, auch wollte Peter alle Hauptstädte besuchen. Moskau hatten wir dann doch ausgelassen, da uns die Entfernungen einfach zu weit war. Ansonsten war unser Plan gut aufgegangen. Rückblickend kann ich sagen, dass es eine wunderbare Tour war und wir wirklich erstaunt sind wie viel Vielfalt Europa bietet. Viele von uns streben in die weite Welt. Wir auch, aber zuerst wollen wir  sehen wie es in Europa ist, gerade über den Norden hatten wir keine so gute Meinung. Zu kalt, zu dunkel, zu regnerisch. Keines ist davon wahr, sicherlich kann es einen erwischen, uns hat es fast 4 Wochen in Norwegen gebeutelt, aber auf der Langzeitreise geht es durch Klimazonen und Wetterzonen. Das gehört einfach dazu und wir haben uns nicht dramatisch davon runter ziehen lassen. Nur eine Regel ist sicher, nach Sonne kommt Regen, nach Regen auch wieder Sonne. So doof dieser Spruch ist, da fährt man als Oberlander einfach durch. Wir formulieren es immer so, dass wir auch unterwegs etwas liegen lassen müssen, um einen Grund zu haben, wieder zu kommen.

 

Mich hat es jedenfalls sehr beeindruckt wie unterschiedlich wir Europäer eigentlich sind, kulturell gesehen und auch die Vegetation bietet dieser Kontinent viel Faszination. Auch wie „weit" unsere Welt eigentlich ist. Mit dem Flieger flott gemacht, aber alles abzufahren ist durchaus ein gewaltiger Hatscher. Diese Dimension wird uns oft gar nicht klar und besonders die Deutschen glauben oft, das Maß der Welt zu bestimmen. Unserer Meinung nach, ist es trügerisch, denn gerade die neuen europäischen Staaten holen gewaltig auf und auch die nordischen Länder sind extrem offen für grundlegende Veränderungen und neue Technologien.

 

Beispielsweise rückt die Bezahlung mit Bargeld in ganz Skandinavien immer mehr in den Hintergrund. Wir haben nahezu alles mit unserer Kreditkarte zahlen können. Überall stehen Terminals bereit, in Bars, in Supermärkten, in Geschäften, in den öffentlichen Verkehrsmitteln, selbst in den kleinsten Kiosken, die schneller arbeiten als Dein Wimpernschlag. Kurz die Karte dran gehalten und das wars. Man zahlt direkt und gleich. Bedienungen im klassischen Sinn werden seltener, selbst in guten Restaurants haben wir stets an der Bar bestellt, gleich bezahlt, aber das Essen wurde uns wie gewohnt gebracht. Wer aber glaubt, dass alles anonym und unfreundlich von Statten geht, der irrt. Man wird wie üblich begrüßt, zum Tisch geführt, man bekommt das Menü gereicht, dann aber wird erklärt wie der Bestellvorgang läuft und das Essen wird selbstverständlich persönlich gebracht. Auch bei Fragen zum Menü, bekommt man prompt Auskunft und umfassende Information, selbst Umbestellungen waren kein Problem. Uns hatte dieses System gefallen, keine Missverständnisse, kein Deckel und auch kein unkomplizierter Ablauf. Wir hatten allerdings darüber nachgedacht, warum das so ist. Vermutet haben wir, dass einfache Dienstleistungen in Skandinavien nicht mehr bezahlbar sind, wir wissen es nicht genau.

 

Ein schwedischer Campingplatzbesitzer erzählte uns, dass eine bargeldlose Bezahlung sicherer sei und mein deutsches Herz schrie in diesem Moment auf und dachte gleich an den gläsernen Menschen. Diesen Gedanken verwarf ich allerdings ganz schnell wieder und mir wurde wieder bewußt, dass wir in Zeiten von Handy, Onlinebanking, Amazon, Facebook und Instagram leben. Also was soll´s, gläsern bin ich daher schon lange.

Verglichen mit Deutschland sind die nordischen Länder uns voraus. Auch die Tatsache, dass überall fließendes Englisch gesprochen wurde, machte das Reisen schon fast langweilig. Keine Abenteuer wie in Russland, die uns immer wieder vor sprachlichen und organisatorischen Herausforderungen stellten. Wir genossen diese Modernität, vor allem auch weil es im Gleichgang keinerlei Abstriche bei der Freundlichkeit der Menschen gab. Diese Kultur schlug sich sogar in der Fahrweise der Skandinavier nieder, das erstaunte uns immer wieder, waren wir doch in Deutschland ganz andere Situationen gewohnt.

 

Erst wieder in auf der A19 hinter Rostock wurde ich prompt bös und sogar mutwillig geschnitten, obwohl ich rechts fuhr und die Autobahn auf dem jeweiligen Streckenabschnitt absolut leer war. Ein Willkommengruß und was für einer, dachte ich mir. Selbst in Russland, wo diese Art der Fahrweise durchaus auch üblich ist, war es einigermaßen vorhersehbar, dass man häufig von überholenden Fahrzeugen noch geschnitten wird. Allerdings nie aus Boshaftigkeit, sondern vielmehr, weil es dort schlichtweg eine besondere, aber für uns nicht nachvollziehbare, Fahrkultur ist, wie ich irgendwann von russischen Freunden erfuhr. Also Europa ist in vieler Hinsicht grundverschieden und mir kommt gerade spontan der Spruch in den Kopf. Es gibt keine schlimmere Weltanschauung, als die Welt nicht angeschaut zu haben.

 

Wir sind also glücklich, diese Runde gedreht zu haben, wir durften viel erleben, viel lernen und auch viele persönliche Vorurteile abbauen. Wir sind nun wieder da, wo wir im April gestartet sind, im schönen Berlin, in unserer deutschen Hauptstadt.