Nordkap - hier ist Schluss

Die Fahrt zum Nordkap ist einfach unvergesslich, wir starten früh von unserem Standplatz, den wir uns in einem einsamen Fjord ohne Probleme gesucht hatten. Über bestens ausgebaute Straßen geht es nun kurvig immer weiter nordwärts. Die Landschaft ist grandios und die Fahrerei macht wieder riesig Spaß. Keine wilden Fahrmanöver, auch werden wir nicht mehr von anderen Fahrern geschnitten wie so oft in Russland. Uns fällt gleich auf, dass die Norweger viel ruhiger und rücksichtsvoller unterwegs sind als in den östlichen Ländern, oder auch in Deutschland. Schon in Kirkenes war uns auf einer kleinen Fahrradtour aufgefallen, dass Autofahrer einen sehr großen Bogen um Radler machen und ihre Geschwindigkeit sogar verringern. Selbst LKWs bremsen für Radler. Es ist einfach unglaublich, es wird hier nicht gerast und auch nicht ungehobelt gefahren. Diese Tatsache hatte mich besonders in Russland immer wieder aufgeregt. Es gab sogar mehrere gefährliche Situation, in denen selbst Peter als routinierter Vielfahrer nervös geworden ist. Davon ist nun nichts mehr zu spüren, wir schlängeln uns gelassen immer weiter nordwärts, ich bin aufgeregt, da wir fast am Ziel sind. Das Nordkap, ein Traum mal da oben gewesen zu sein. 

 

Zunächst ist die Straße noch zweispurig bis zu einer Abbiegung an einem Schild, das in Richtung Nordkap weist. Wir fahren ab jetzt auf einer einspurigen Straße, ich wundere mich noch, aber es funktioniert super, jeder rückt etwas zur Seite, sogar in den Kurven mit entgegenkommenden Wohnmobilen gibt es keine Angstmomente. Als wir in den Nordkap-Tunnel fahren wird mir es allerdings doch noch etwas komisch, er ist schlecht beleuchtet und ich sehe nasse Wände. Die Tatsache dass er 212 m unter dem Meer her läuft, bereitet mir verrückte Gedanken. Es geht fast 3 km mit 10% Gefälle in die Tiefe, ich lasse Robbie im 3. Gang einfach rollen und sie sprudelt gemütlich dahin, in der Mitte dann das Ganze wieder hoch. Später lese ich im Reiseführer, dass Wasser, sollte es mal in den Tunnel reinlaufen, gleich automatisch abgepumpt wird. Ich bin aber froh, als der Tunnel uns wieder ausspuckt und wir nach einigen Km weiter vor der Einfahrt zum Parkplatz des Nordkaps stehen. 

 

Wir zahlen stolze 55 Euro zu dritt, dürfen aber auf dem Parkplatz übernachten. Wir haben Glück und erwischen noch einen Platz in der ersten Reihe mit Blick auf das Meer. Der Parkplatz ist voll mit weißen Wohnmobilen und irgendwie sieht es lustig aus Robbie mitten drin stehen zu sehen. Sie wirkt klein und zierlich zwischen diesen riesigen Kolossen. Die Stimmung ist gut, immer wieder werden wir von den Leuten angesprochen und es entwickeln sich nette Gespräche übers Reisen und Norwegen. Der Tag verläuft schnell, wir verbringen noch einige Zeit auf dem Nordkapfelsen, da das Wetter grandios ist. Blauer Himmel, Sonne und mit Sicht aufs Meer, ein seltenes Phänomen hier oben, was uns später andere Reisende erzählen. Im Infocenter lassen wir den obligatorischen Nordkap-Champagner natürlich nicht ausfallen. Wir halten kurz inne und erinnern daran, dass für uns nun die Anfahrt auf Kapstadt beginnt. Es ist aufregend, dass wir nun den Landy wenden und gen Süden fahren werden. Hier oben ist Schluss und für uns geht es nicht mehr weiter. Die Straße ist für alle Reisenden nun zu Ende. 

 

Am nächsten Morgen brechen wir halbwegs zeitig auf, es ist nebelig und noch frisch. Einige Kilometer hinter dem Nordkap lassen wir leider die Wanderung zum nördlichsten Punkt Europas ausfallen, da es sehr nebelig ist. Noch ein Grund wieder zu kommen, wir sind immer der Überzeugung, dass wir nie etwas verpassen, sondern nur Gründe haben, nochmal zurück zu kommen. 

 

 

Wir fahren weiter in den nahe gelegenen Ort Skarsvag und wandern zu einem Felsen hoch, der die Form eines Arches hat. Oben auf der Kuppe treffen wir auf Stefan und Elke, die mit ihrem Unimog SUMO unterwegs sind. Stefan hatten wir am Morgen am Nordkap-Parkplatz kennen gelernt. Als wir wieder losfahren lassen wir es gemütlich gehen. Als nächstes großes Ziel haben wir die Lofoten im Blick, lassen es aber bis dahin locker gehen. Wir tingeln in ruhiger Fahrt durch die Fjorde und nehmen hier und da eine Wanderung mit. Auch die Standplatzsuche gestaltet sich einfach. In Russland hatten wir uns eigentlich immer irgendwo im Wald an einem See versteckt, so kommt man hier gar nicht ans Wasser ran, da die Fjorde sehr schroff ins Meer fallen. Oft parken wir daher an der Straße in einer Ausbuchtung mit einem super Blick in den Fjord. Wir sind auch nicht alleine und nahezu an jeder Ausbuchtung sehen wir ein Wohnmobil. Allerdings fällt uns auch auf wie sauber hier alles ist, es ist kein Müll zu finden, nicht mal Toilettenpapier fliegt an den Rastplätzen rum, da es auch genügend öffentliche und saubere Toiletten und Mülleimer an gibt. Es erstaunt und beeindruckt uns immer wieder wie modern Norwegen ist. Bei 5,1 Mio Einwohnern findet man eine Infrastruktur vor, die auch für 50 Mio Menschen passen würde. Das Land ist wunderschön und alle bisherigen Begegnungen mit Norwegern verliefen extrem positiv. Diese Stimmung scheint irgendwie auch auf die Touristen über zu schwappen, Standplätze werden sauberst hinterlassen, man ist freundlich untereinander, fährt entspannt und rücksichtsvoll. So kann es eigentlich weitergehen. Wir hatten dem Norden bislang immer Unrecht getan und eher als unspektakulär abgetan. Wir müssen nun alle Aussagen laut widerrufen und sogar noch einen drauf setzen. Wir bezeichneten es heute sogar als Südafrika des Nordens und erhält dadurch den höchsten Status, den ein Land bei uns bekommen kann, auch wenn es eher mit kühleren Temperaturen aufwartet. Wir sind jedenfalls sehr glücklich hier, trotz hoher Preise, aber dafür bekommen wir viel zurück in allerbester Qualität. Vielmehr bedeutet es, das wir wieder bewusster kaufen und auswählen müssen. Es bleibt also spannend im Land der Elche und Trolle.