Russland - Wir sind drin

Es ist der 11.6.18 und mein Kindheitstraum ist wahr geworden, ich bin in Russland, der totale Wahnsinn, ich bin immer noch total überwältigt. Wir entscheiden uns am Morgen in Richtung Grenze zu fahren. Über die Autobahn gehts easy peasy raus und irgendwann sagt Peter, dass wir bald am Grenzposten Nuijamaa sind. Ich recherchiere noch schnell die aktuellen Einreisebestimmungen. Unser 3-Monatsvisum haben wir uns über eine Reiseagentur besorgt, ich lese im Internet, dass es an der Grenze noch die Migrationskarte für uns gibt und die Zollerklärungen für Robbie, ...ich lese weiter, dass man auch gewisse Lebensmittel nicht einführen darf. Wir halten an einer einsamen Autobahnrast und verfressen alle verbotenen Lebensmittel wie Wurst und Milchprodukte, der Rest kommt weg, wobei ich damit schon Probleme habe als der wenige Rest in die Tonne wandert, aber wir wollen kein Risiko eingehen. Wenn ich gewusst hätte, wie dann später die Kontrolle des Autos erfolgt, hätten wir uns die Aktion sparen können. Schade um die Wurst aus Polen. Wir fahren also leer weiter vor zu Grenze. Zunächst passieren wir die finnische Grenze, die sog. EU-Außengrenze, alles läuft schnell, wir zeigen unsere Pässe und Fahrzeugpapiere und werden durchgewunken und folgen im ruhigen Tempo der Straße. Ich denke mir, dass wir schon in Russland sein müssen, da ich ein russischen Grenzstein entdecke. Ich denke mir noch, dass eigentlich nichts los und sehe dann aber die Auto-Schlange als wir um die Kurve fahren. Die Pkws stehen links, die LKWs rechts, wir reihen uns ein, wo am wenigsten los ist. Ich bemerke plötzlich, dass uns uns herum nur Fahrzeuge mit russischem Kennzeichen stehen, ganz rechts stehen alle Europäer. Als ich eine Finnin noch anspreche und frage, bestätigt sie mir, dass wir links stehen müssen. Wir ignorieren es und haben Mut zur Lücke und bleiben in der russischen Schlage einfach stehen. Wir legen eine gewisse Bockigkeit an den Tag und lassen es darauf ankommen, vermutlich werden sie uns in die Reihe für EUs zurückschicken, als wir plötzlich an Position 1 stehen. Ein gewisser Schwung wurde bereits durchgewunken und darf Vorfahren zum Zoll/Einreise. Wir dürfen an Ort und Stelle warten und haben mit einem Satz alle EUs überholt. Ein Finne, der in der europäischen Linie weiter hinter uns steht flippt plötzlich aus, springt aus dem Auto und fängt eine gewaltige Diskussion mit der russischen Einweiserin an. Sie ist recht jung, legt aber etwas Mürrigkeit an den Tag. Peter und ich witzeln noch, als sie uns plötzlich als einiges Fahrzeug nach vorne winkt und uns sagt, dass wir am ersten Häuschen die Pässe zeigen sollen und die Zollerklärungen ausfüllen müssen. Wir sind schnell an der Reihe, die junge Grenzbeamtin ist freundlich und bittet uns die Pässe zu geben. Freundlich mit ein paar Brocken Englisch fragt sie uns, ob wir zur WM wollen, wir verneinen und sagen, dass es keine Karten mehr gab, wir aber zum Public Viewing wollen. Sie lacht und wir bekommen unsre Pässe mit Stempel und Migrationskarte zurück. Es geht weiter zum nächsten Häuschen, zum Zoll. Der Beamte spricht passables Englisch und soetwas wie ein Gespräch kommt auf, wieder reden wir über Fussball und Reisen, er fragt Peter, ob Deutschland gewinnt, Peter ist etwas ausweichend als ich mit voller Lautstärke von hinten bejahe, dass Deutschland gewinnt, er lacht und bläst ins gleiche Horn und bestätigt mich, und äußert, dass er Deutschland sehr gerne mag. Zu dritt witzeln wir rum und ein Hauch Fußballpartystimmung kommt plötzlich am Zoll auf. Alles extrem entspannt, keine mürrischen Russen, vor denen ich Angst haben muss. Was hatte ich mir in meiner Phantasie Situation ausgemalt. Als wir alle Papiere haben holen wir Robbie und fahren sie vor zur Kontrolle. Ich bereite mich schon vor, den ganzen Kram auszupacken inkl. Kühlschrank. Was hatte ich alles für wilde Geschichten im Vorfeld gelesen. Der Beamte kommt auf uns zu und bittet mich alle Türen zu öffnen. Anstatt alles raus holen zu lassen, schaut er nur kurz rein und sagt, dass es so passt und wir passieren dürfen. Ich bin baff, das wars schon. Dafür der ganze Zirkus mit den Lebensmitteln. Ich steige ins Auto, als ich wieder die eher mürrisch wirkende Einweiserin plötzlich neben mir sehe. Sie lächelt und guckt Robbie grinsend an, ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen und winke ihr zu und sage noch „spasiba“. Ihr Gesicht wird hell und sie winkt freundlich mit beiden Händen und wünscht uns eine gute Reise. Immer wieder interessant, ein Lachen braucht nicht übersetzt zu werden und der Schlagbaum geht für uns hoch, wir fahren nach Russland ein. Ich freue mich wie ein kleines Kind. Mein Traum ist wahr und ich bin in diesem riesengroßen Land. Wir passieren noch einen kleinen Passcheck und fahren hinaus auf die Autobahn. Nicht mal 2 h hat es gedauert und alles war entspannt, easy und freundlich und auch sehr professionell. So mögen wir Grenzübertritte. Zunächst fahren wie in die nahe gelegene Stadt Wyborg, um Geld zu ziehen und eine lokale Sim-Karte fürs Handy zu kaufen. Wir parken Robbie auf dem Marktplatz und entdecken gleich die erste Bank. In zwei Vorgängen bekommen wir 10.000 Rubel, ca. 64 Euro. Damit können wir starten. Ein Handyshop vom russischen Anbieter MTR finden wir gleich ums Eck. Für gute 350 Rubel bekommen wir 7 GB, ich kann es kaum fassen, und denke noch an meinen letzten FB Post, in dem ich bekräftigte, dass Deutschland IT Entwicklungsland ist. Der Verkäufer spricht kein Englisch, aber er versteht gleich was wir wollen und ist sehr freundlich und bemüht uns alles auf Peters Handy einzurichten. Perfekt, und kurz drauf sind wir wieder mobil. Wir bedanken uns und gehen eine Tür weiter in den Supermarkt. Wir beschließen aber das Auto zu holen, um besser einladen zu können und wandern kurz zurück zum Marktplatz und holen Robbie. Als wir zum Supermarkt zurückkommen ist vor der Tür eine Parklücke frei, einfach perfekt, wir gehen rein und machen einen Großeinkauf mit Lebensmittel und Alkohol und sind schockiert, dass wir nur 30 € zahlen. In Deutschland wäre es sicherlich um die 70 € geworden. Als wir die Sachen ins Auto räumen sind wir die Attraktion der Straße. Viele bleiben stehen und zeigen auf Robbie und lächeln und nicken wohlwollend. Zwei kleine Jungs gehen sogar um die geöffnete Hecktüre und schauen mit großen Augen rein, sie reden und ich verstehe nur das Wort Auto. Ihre Augen und Gesichter sind voller Begeisterung und Neugier und ich schaffe es noch Ihnen zwei TrailPunkz Aufkleber zu schenken. Sie lachen mich ganz lieb an uns beide sagen gleich „spasiba“, innerlich hupft mein Herz, so süß die Zwei, sie waren vielleicht so alt wie mein kleiner Neffe, der auch ein großer Defender-Fan ist. Ich musste in diesem Moment so an ihn denken. Was ein tolles Erlebnis. Der erste Tag in Russland mit nur positiven Begegnungen mit den Menschen und eine gewisse Unkompliziertheit im Land. 
Wir fahren dann raus aus der Stadt und suchen über maps.me einen geeigneten Campingplatz. Ich entdecke in der Nähe eines Sees einen Campsite und trage die Koordinaten ins GPS. Ich denke mir noch, das 7 km easy zu machen sind und schon finden wir uns auf einer feinen offroad Strecke wieder, nix Straße durch den Wald, vom Asphalt ist fast nix mehr zu finden, wir arbeiten uns Schlagloch um Schlagloch vorwärts, wir haben unseren Spaß. Als es dann irgendwann auf einer Sandpiste rechts weiter in den Wald geht. Nach wilder Fahrt stehen wir plötzlich auf einem alten Militärgelände mit Furt und Panzerstrecke. Peter gurgelt irgendwas, dass er da durch will, ich verneine streng und es geht wieder zurück zu einem Anglerplatz, den wir einige Meter vorher gesehen hatten. Er ist leider etwas vermüllt, aber zweckmäßig und für eine Nacht durchaus brauchbar. Wir trinken noch ein Bier und beenden unseren ersten Tag in Russland sehr entspannt und in voller Vorfreude.