Schluchten und Begegnungen

Wir verabschieden uns von Achmed und Fatima und fahren die Piste runter in Richtung Tinghir, dem Eingang zur bekannten Todraschlucht. Das erste Stück geht es noch auf der Offroad-Piste nach unten, allerdings stoßen wir bald wieder auf Asphalt und folgen der Hauptstraße. Wir legen einen kleinen Mittagsstop in Tinghir ein. Der Ort gefällt uns, er ist quirlig und bietet viel marokkanisches Leben. In den Straßenrestaurants brutzeln die Leckereien auf den Grills, immer wieder werden wir aufgefordert Platz zu nehmen. Die Kellner sind gelassen unaufdringlich und  freundlich, ich empfinde es als geschäftstüchtig und fühle mich keineswegs bedrängt. Überhaupt wurden wir bis jetzt nicht im geringsten bedrängt, im Vorfeld hatte ich anderes gelesen, aber ich empfinde die Bevölkerung eher als aufgeschlossen, freundlich, hilfsbereit und auch unaufdringlich. Angebote kann man ablehnen und alles ist gut. Vielleicht liegt es auch an der Tatsache, dass wir als Outdoor-Reisende gut zu erkennen sind, die nicht so sehr auf Souvenirjagd sind und in unseren schwarzen Outfits eher anders aussehen als  Reisende, die in Gruppen unterwegs sind. Selbst in der Todraschlucht werde ich von den fliegenden Händlern in Ruhe gelassen als ich aus dem Auto steige, Peter hatte ich schon ein Stück vorher aus dem Auto gelassen zum Fotografieren. Freundliche Angebote aber kein Nachlaufen, mehr nicht. Ich beobachte andere Touristen, die etwas mehr mit den Händlern kämpfen. Ich selber habe mir eine gewisse Taktik angewöhnt, freundlich, aber sehr bestimmt zu sein, wenn es mir zu viel wird, bis jetzt hat es gut funktioniert, selbst beim Handeln bleibe ich hart und gewinne oft den Preis, der es mir wert ist. Allerdings feilsche ich nicht ums letzte Hemd, da ich der Meinung bin, dass wir reichen EUs es uns leisten können etwas mehr zu bezahlen. Beim Lebensmitteleinkauf an der Straße zahlen wir nicht wirklich viel und ich würde handeln als unseriös empfinden, bin ich aber in der Medina steige ich gerne in die Handelei ein, da mir dies sehr viel Spaß macht und ich das Spiel des Theaters machens mindestens genauso gut beherrsche wie die marokkanischen Verkäufer. 

 

Zurück zur Todraschlucht, dort treffen wir auf eine sehr nette Reisegruppe, die an Robbie hängen geblieben ist. Sie stehen um sie herum, johlen und streicheln und klopfen über ihren Lack und rufen laut „Landy“ und fragen uns aus, wie wir so im Auto leben. Ein sehr nettes Gespräch unter Reisenden entwickelt sich, sie sind für eine Woche auf einer Rundreise. Nach einer Weile ziehen wir wieder alle unsere Wege. Als wir aus der Schlucht rausfahren winken wir uns gegenseitig noch freundlich zu. Ich finde es immer wieder spannend andere Menschen auf Reisen zu treffen, sich auszutauschen und sich gegenseitig Tipps  zu geben. Am Ende der Schlucht treffen wir noch auf einen Overlander der mit seiner 5 köpfigen Familie seit einigen Monaten im umgebauten LKW unterwegs ist. Ein netter, kultiger Typ. So setzten wir unseren Weg fort durch die wunderschöne und gewaltige Todraschlucht, vorbei an kleinen Lehmdörfern und den immer grünen und gut bewässerten Oasenfeldern. 

 

Es ist mittlerweile fast 17:00 und wir haben immer noch kein gutes Camp gefunden, an frei stehen ist heute nicht zu denken, da das Gebiet sehr dicht besiedelt ist, so entscheiden wir uns für einen Albergo, der auch Camping bietet. Der Besitzer winkt uns freundlich zu und wir fragen ob wir nächtigen können...wir können und parken in einem Innenhof. Alles perfekt und sogar ein gemütliches kleines Restaurant hat er. Als wir rein gehen treffen wir auf eine Radlergruppe aus Deutschland, einer der jungen Männer hat sich verletzt und muss leider nach Deutschland zurückkehren. Und auf einen netten Motorrad Overlander aus Spanien, der seit 4 Jahren auf Tour ist. Wir kommen schnell ins Gespräch und finden viele Gemeinsamkeiten übers Reisen und die Sicht auf die Dinge. Auch er war mal ein Manager im Bankwesen und war irgendwann der Businesswelt so überdrüssig wie wir. Auch er hatte sich die Frage gestellt, dass da noch mehr sein muss. Peter und er tauschen sich Intensiv über das alte Leben aus und über teilweise wahnwitzige Entwicklungen in der Businesswelt. Das Gefühl die Matrix für eine Zeit zu verlassen tut gut und eröffnet den Horizont für neue Gedanken, so kommen wir überein, tauschen noch unsere Aufkleber aus. Nun fährt der TrailPunkz Sticker mit ihm um die Welt und wir nehmen seinen Sticker mit nach Kapstadt. 

 

In der späten Nacht treffen noch eine Offroadergruppe im Albergo ein, knurrend fahren ihre Fahrzeuge in den Hof. Neugierig lucke ich aus dem Seitenteil unseres Dachzelts und enddecke Jeeps, Land Rover und auch ein paar Moppeds und KTM-Böcke auf einem Hänger. Die Gruppe kommt aus Portugal und am nächsten Morgen stellen wir fest, dass auch sie super sympathisch sind und wir tauschen uns über die Pistenzustände aus. Leider bekommen wir die Info, dass die direkte Piste in die Dadesschlucht zu schlammig ist. Wir als auch die anderen Offroader beschließen sicherheithalber die Straße zurück zu nehmen. Selbst unser einheimischer Herbergsvater legt uns dies ans Herz. So fahren wir die wunderschöne Schlucht einfach zurück nach Tinghir und drehen dort in Richtung Dadesschlucht ab. Das Dades-Tal ist wunderschön zu fahren, an Lehmdorfern vorbei hangeln wir uns rauf bis auf 2700 hm bis nach Msemrir hoch, welches das letzte zu erreichende Dorf ist. Hier wären wir über die Piste ausgekommen. Die Schlucht noch anfangs sehr touristisch wird hier oben immer einfacher und dörflicher. Auf iOverlander hatte ich noch ein allerletztes Albergo gefunden, dass auch Camping bietet. In der Beschreibung lese ich positive Berwertungen und es wird von sehr freundlichen Betreibern berichtet. Ich erkenne es gleich und schon stehen wir in einem kleinen Hinterhof mit einer super Aussicht. Sogleich treffen wir unseren neuen Herbergsvater Hamid, er lacht und sagt, dass er uns gestern schon in der Todraschlucht gesehen hatte bei Ibrahim, wo wir zuvor gestanden hatten. Sie seinen Freunde und er war zum Abendessen dort und hatte uns mit dem Motoradreisenden aus Spanien am Kamin sitzen sehen. Wir lachen und witzeln als sich noch weitere Freunde von Hamid zu uns gesellen und Robbie bewundern und loben. Es sind Militärärzte, die im Dorf ein mobiles Krankenhaus betreiben. Wir werden für den Abend zum Essen eingeladen. Nachdem wir Robbie nachtfertig gemacht haben gehen wir rüber ins Algergo. Dort sitzen auch schon 7 marrokanische Jungs und begrüßen uns freundlich, wir werden aufgefordert am Tisch Platz zu nehmen. Es gibt Tee und Berberomlette als Vorspeise. Alle sprechen sehr gutes Englisch und sind sehr am Austausch mit uns interessiert. Super Gespräche haben wir. Es geht um Land und Leute, über Sprachen und kulturelle Dinge und auch über den Landyausbau. Wir bekommen viele Tipps für die Weiterreise. Der Abend ist spannend und als Hauptspeise gibt es ein junges Lamm aus dem Ofen serviert. Alle essen mit den Fingern. Ich hatte mich schon gewundert, dass alle plötzlich aufspringen und zum Bad laufen, um sich die Hände gründlichst zu waschen. Aus früheren Reisen in der arabischen Welt weiß ich, dass man sich vor dem Essen sehr gründlich die Hände wäscht, da man oft mit den Fingern ist. Ich finde das gut und denke, dass man sich in EU davon schon eine Scheibe davon abschneiden könnte. Ich empfinde es als überhaupt nicht ekelig und fasse mir ein Stück Lamm. Ich lasse es aber immer wieder fallen, da es mir viel zu heiß ist, Hamid lächelt und springt auf, um mir einen Teller und eine Gabel zu bringen. Ich empfinde das als sehr höflich, da ich nicht gewohnt bin mit den Fingern heißes Fleisch zu fassen. Die anderen Jungs lächeln und nicken wohlwollend. In Nullkommanix haben wir zu 5ft das Lämmchen platt gemacht, nur noch die abgenagten Knochen liegen auf dem großen Teller in der Mitte. Danach gibt es Tee und wir sitzen noch eine Weile mit allen zusammen und reden und erzählen über Marokko und Deutschland als wir uns dann irgendwann später ins Dachzelt verabschieden und allgemeine Aufbruchstimmung aufkommt. Als Peter und ich dann im Dachzelt liegen sind wir glücklich diesen schönen Abend so erlebt zu haben. Das macht das Reisen aus, die Zusammenkunft mit Menschen und gute Gespräche. So schlafe ich mit guten Gedanken ein, denn am nächsten Tag wartet eine längere Fahrt nach Marrakesh auf uns. Stay tuned with us.

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